#NiederMitFieber | TT-WM und Bupadest ohne Boll, aber viel Elbe
Acht Jahre ist der erste Ausflug zu einer TT-WM von Elbianern her. Damals in Rotterdam konnte Bolls erste WM-Einzelmedaille gefeiert werden und Zhang Jike zerriss sein Shirt. Liu Shiwen flog im Halbfinale gegen Ding Ning raus und wir hatten insgesamt unseren Spaß. Nun, im Jahr 2019, führte der Weg nach Budapest. Hoffnungsfroh, dass Boll – trotz mäßiger Form – wieder vor uns und unseren unzähligen Fanartikeln spielen würde. Wir waren optimistisch, auch was den allgemeinen Spaßgehalt der Reise betraf.
Anreise war Mittwoch, zwar getrennt, aber doch problemlos. So trafen in zwei Gruppen Tom, Chris, Steve, Clemens, ich und dann Katja samt Freund und Helen in der Ferienwohnung ein. (Phips mit Claudi und befreundetem Paar waren auch in Budapest.)
Tagsüber hatten wir natürlich regelmäßig den Liveticker gecheckt und verfolgen können, dass Ovtcharov raus war (also unsere „DIMA“-Schilder schon mal nutzlos), aber Boll sowohl in Einzel als auch Doppel mit starken Leistungen weiterkam.
Am ersten Abend suchten wir uns um die Ecke eine Ess- und Trinkgelegenheit, in der zur Freude einiger das deutsche Pokal-Halbfinale übertragen wurde, teilten anschließend Zimmer und Betten ziemlich fair auf und ließen den Abend entspannt austrudeln. Schließlich warteten am nächsten Tag ja theoretisch drei deutsche Spiele. Xu Xin war nun schon rausgeflogen, der einzige Chinese in Bolls Hälfte. Der Weg bis zum Finale also gänzlich ohne Chinesen!
Donnerstag früh fanden wir alle gemeinsam den Weg zur Halle und sortierten uns bald auf unsere Plätze. Die ersten Achtelfinals sollten uns „aufwärmen“ für Boll. Für mich dabei u. a. interessant das Calderano-Spiel, in dem nach gewonnenen ersten Satz aber Ma Long eine absolute Überform präsentierte.
Und dann las Chris auf dem Handy eines vor uns Sitzenden eine wenig begeisterungswürdige Nachricht. Boll sollte wegen Fieber sein Spiel abgesagt haben. Was wir noch hoffnungsvoll für einen Spaß oder ein Gerücht hielten, wurde schnell bestätigte, bittere Realität. Boll hatte über Nacht Schüttelfrost bekommen, sich übergeben und Fieber. Wahnsinnig bitter. Denn im weiteren Turnierverlauf flogen auch alle weiteren für ihn eher unangenehmen Gegner aus seiner Hälfte raus, Harimoto und Gauzy.
Auch das Doppel am Abend wurde schließlich abgeschenkt, wegen des Fiebers. Auch dort unfassbar bitter – denn der Weg hätte nur über Europäer bis ins Finale geführt. So eine leichte Auslosung hatte er noch nie.
All unsere schönen Fahnen, Fahnen-Stifte, GO TIMO Schilder, Deutschland-Ohren und Trikots verkümmerten praktisch minütlich mehr in den Taschen. Unausgepackt mussten sie fortan ein ziemliches Randdasein in unseren Hallenbesuchen fristen.
Geknickt verfolgten wir die weiteren Herren-Achtelfinals am Vor- und Mittag. Dann wurden wir alle (also wirklich alle Zuschauer*innen) vom Hallengelände gescheucht. Denn ab Donnerstag gab es nur Halbtagstickets. Und irgendjemand schien das für eine gute Idee gehalten zu haben – dass um die Mittagszeit alle raus mussten, und damit weder an die Essensstände noch in die Halle mit den Ausstellern und Spaß-Tischen konnten. Gelinde gesagt ziemlich bescheuert.
In unserer Mittagspause wurden wir zumindest in der Hashtag-Erstellung kreativ.
TTC Elbe On Tour in Budapest #wednesdaynightfever #niedermitfieber #dankefieber #doublegold #gotimo #timoboll pic.twitter.com/Sy73d7XPH2
— TTC Elbe Dresden (@TTCElbeDresden) April 25, 2019
Wir kamen dann zur Abendsession wieder. Und konnten dort zumindest noch das eine deutsche Spiel, Mixed-Halbfinale, sehen. Franziska und Solja kamen aber überhaupt nicht in Tritt und verloren deutlich.
Alles in allem war es ein sehr gebrauchter Tischtennistag. Aber zumindest das Abendessen und die Spielerunden am späten Abend waren schön.
Freitag teilten wir uns ein bisschen auf. Während ich mich spontan zur Vor-/Mittagssession in die Halle begab, gingen die anderen in der Stadt ihre Wege. Steve, Clemens, Chris und Tom gingen abends noch mal in die Halle. Alle konnten sich – zu verschiedenen Tageszeiten – aber an dem Quasi-Sommertag davon überzeugen, dass Budapest eine bombastisch schöne, sehenswerte Stadt ist.
Der Abend ging dann bei Abendessen und Spielen in die Nacht über und war dann auch irgendwann beendet.
Samstag stand noch mal „Stadt sehen“ auf dem Programm, inklusive shoppen. Denn Abends hatten wir alle planmäßig Karten für die Halle. Darunter dann auch die Herren-Halbfinals.
Vorher soll aber noch, der „Tischtennis-Bildung“ wegen, nicht vernachlässigt werden: Liu Shiwen wurde zum ersten Mal in ihrem Leben Weltmeisterin. Nach 10 Jahren WM-Teilnahmen und immer nur Bronze oder Silber, konnte sie sich endlich – bei ihrer vielleicht letzten WM – die Krone aufsetzen. Dabei gewann sie sowohl im Halbfinale gegen die Weltranglisten-Erste Ding Ning und im Finale gegen die Weltranglisten-Zweite Chen Meng einen Satz zu Null.
Wir konnten uns dann noch beeindrucken lassen, wie Mattias Falck, als erster Nicht-Chinese seit 2003 (!) ins Finale einzog. 16 Jahre Durststrecke für den Rest der Welt waren damit beendet. Ein bisschen hatte das aber auch damit zu tun, dass vier Chinesen in einer Tableau-Hälfte landeten (weil Ma Long nach seiner Verletzung noch nicht wieder so hoch platziert war und Liang Jinkun wegen nicht so vielen internationalen Turnier auch nicht so hoch eingestuft war). So mussten sie sich in einer Hälfte gegenseitig rausschmeißen.
Ma Long setzte sich dann auch stark durch. Wir konnten einen Teil unserer GO TIMO / DIMA Schilder zumindest zu einem GO MA reaktivieren. Und uns blieben noch die Damen-Doppel-Halbfinals. Wobei die Spannung eher gering war, denn es hieß Japan gegen Japan und China gegen China.
Nach erfolgreicher Rückkehr in die Wohnung wurde wieder spielerisch gehandelt und Spieler spielerisch mit Kraftausdrücken belegt und weil’s bei einigen so lange ging, begrüßte Tom diese bei einem nächtlichen Ausflug ins Bad mit „Guten Morgen oder wie spät es auch immer ist“. Um Vier war’s dann aber bei allen vorbei.
Sonntag – also heute – war lange schlafen, aufräumen und entspannte Ruhe angesagt. Das Herrenfinale verfolgten wir bequem auf der Couch im Livestream und mussten Ma Longs Leistung anerkennen. Nun dreifacher Weltmeister. Besonders beeindruckend auch weil er vor einigen Monaten noch eine Verletzung erlitten hatte, die potentiell karriere-beendend war.
Nun bleibt uns nur noch der Rückweg nach Deutschland und die Hoffnung, dass Boll halt noch mindestens vier Jahre auf Topniveau spielt (denn dann könnte eine WM wieder in Europa sein) oder ein anderer Deutscher oder eine andere Deutsche einen kometenhaften Aufstieg hinlegt.
In jedem Fall können wir uns sicher drauf einigen, dass Fieber Scheiße ist und gemeinsame Elbe-Ausflüge Spaß machen.
(Fotos folgen)