Blick „über“ den Tellerrand – Tischtennis weltweit

Eleganz, Leidenschaft, Begeisterung, Erfolg – wofür unsere Vereins-Initialien so stehen, das beschreibt auch unseren schönen Sport sehr gut. Man müsste natürlich das Vokabular noch mehr aufstocken, um den ganzen Umfang von Tischtennis zu beschreiben.

Um ihm gerecht zu werden, möchte ich euch hier ab und zu – quasi im Rahmen von „Über den Tellerrand geschaut“ – an meiner Begeisterung für den Sport teilhaben lassen, in verschiedenster Form. Heute mit einem ersten Blick auf das kommende Tischtennisjahr 2012, mit den ganz ganz großen Highlights.

 

Dieses Jahr werden Ende März / Anfang April die Mannschaftsweltmeisterschaften in Dortmund stattfinden. Deutschland, genauer die deutschen Herren – voraussichtlich mit Boll, Ovtcharov, Süß, Baum und Steger – werden sehr gute Chancen haben bis zum Finale vorzustoßen und dort den Chinesen einmal mehr die Stirn zu bieten. Das Turnier verspricht eine blendende Atmosphäre in der sicher 10.000 Menschen fassenden Halle, die bereits nahezu ausverkauft ist am Finalwochenende. Und wer es sich schon mal notieren will – ich bemühe mich sehr, dass wir so was wie ein public viewing hinbekommen für das Finalwochenende 🙂

Die deutschen Spieler – die meisten von uns werden etwas über sie wissen, die Namen gehört haben, oder sie schon einmal in Person erlebt haben. Aber die größte Tischtennisnation ist momentan unbestreitbar China. Und deswegen möchte ich kurz die chinesische Nationalmannschaft vorstellen – ihr glaubt das wäre nicht interessant, oh doch! Denn auch die Chinesen haben so das ein oder andere nette Anekdötchen, das erzählenswert ist.

Man vergisst schnell, dass die Chinesen nicht bloß Maschinen sind, dass sie mit Liebe zum Sport spielen und ihr Leben Tischtennis widmen und dass sie hart arbeiten mussten um dort hinzukommen, wo sie nun sind. Die emotionslosen Chinesen, die keine Regung am Tisch zeigten bzw. zeigen durften sind längst passé. Längst sind neue Generationen herangewachsen, und besonders die neue um Ma Long, den Weltmeister Zhang Jike und Xu Xin verkörpern die neue Art von Tischtennis. Dass sie dabei den Sport auch gleich noch auf ein ganzes neues Niveau heben, was einem besonders bei Duellen von ihnen untereinander z. T. sprachlos staunend zurücklässt, ist dabei noch die Krönung. Und gerade weil sie so viel für die Weiterentwicklung und Perfektionierung dieses Sportes tun, weil sie so verschiedene identifikationswürdige Personen sind, will ich sie hier präsentieren. Denn das was in den kommenden Jahren Tischtennis-technisch auf uns zukommt – wenn man es zu schätzen weiß – kann einem die Tränen der Vorfreude in die Augen treiben.

Die absoluten Dominatoren in den letzten Monaten waren Ma Long und Zhang Jike (übrigens um ein nicht-chinesisches Missverständnis zu vermeiden: Ma und Zhang sind die Nachnamen).

Ma Long, das Wunderkind, das schon mit 17 Jahren damals Boll bei den German Open zerlegte. Aber womit er immer wieder zu kämpfen hat, sind seine Nerven. 2010 verlor er auch das Auftaktspiel im Finale der Mannschafts-WM gegen Boll. (Angemerkt sei – Niederlagen gegen Nicht-Chinesen sind eines der härtesten Ausschlusskritieren in der chinesischen Nationalmannschaft.) Doch wenn er einmal ins Rollen kommt, gibt es kein Stoppen und der Gegner weiß gar nicht mehr wo ihm der Kopf steht, so schlagen Vorhand- und Rückhandtopspins bei ihm mit brachialer Gewalt ein. Noch fehlt Ma Long der große Titel (als solche werden bei den Chinesen Olympia, WM und World Cup angesehen) im Einzel. Doch er ist mit seiner Entwicklung des letzten halben Jahres, nach einer schweren Verletzung auf dem besten Weg dorthin – er gewann nahezu jedes Turnier bei dem er spielte und zeigte dabei auch seinen chinesischen Kollegen eindrucksvoll seine Stärke.

Ma Long ist eine introvertierte Person, was ihm oft zu schaffen machte. Bereits mit 15 Jahren wurde er Teil der chinesischen Nationalmannschaft und dank seines außergewöhnlichen Talents von Beginn auf eine Rolle als „leader“ vorbereitet. Unter den hohen Erwartungen des Trainerteams, war er selbst auch immer hart zu sich. Als zentraler Bestandteil des Teams rückte er auch in den Mittelpunkt der Medienaufmerksamkeit (und die ist in China beim Volkssport Tischtennis nicht gering). Vor großen Wettkämpfen versucht er alles zu ignorieren, was über ihn berichtet wird, da er sich schnell Dinge zu Herzen nimmt und zu viel darüber nachdenkt. Über den Druck zu gewinnen, den er sich v. a. selber macht, wird verkrampfte er oft. Bestes Beispiel war, als er beim World Cup 2009 im Halbfinale gegen Samsonov in einem Satz 10:5 führte (bei 2:2) und den, samt Spiel abgab. Sein Trainer beschrieb ihn vor der WM 2010 immer noch als kleines Kind. Und wenn man ehrlich ist (wenn man ihn außerhalb eines Matches beim Training etc. sieht) ist es das, was Ma Long so sympathisch macht. Nichtsdestotrotz hat er inzwischen eine neue Stufe in seiner Entwicklung erklommen. Auch wenn ihm der Name „The Machine“ anhängt, wegen seiner unglaublichen Präzision, Schlaghärte und Konstanz und dem Dauerdruck den er erzeugt, ist er trotzdem ein schüchterner, netter Junge. Aber wehe man begegnet ihm Tisch. Dann brennt die Luft, von seinem Willen und dem Trommelfeuer aus Topspins.

Und hier noch ein Video zu Ma Long, was ihn und die Schönheit von Tischtennis zeigt:

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Einer der da aber ein gewichtiges Wörtchen in Ma Longs zukünftigen Titelambitionen mitzureden hat, ist Zhang Jike, der amtierende Weltmeister von Rotterdam 2011. Und eben jener Zhang Jike brachte dem Tischtennissport etwas, was man so noch nicht hatte. Einen leidenschaftlichen Kämpfer, der den großen Auftritt mag. Unvergessen als er sich nach dem WM-Finale das Trikot am Leib zerriss. Zhang ist ein kleiner „bad boy“, was ihn auch fast seinen Platz in der Nationalmannschaft gekostet hätte. Er war unzugänglich für die Coaches und war deswegen lange nicht mehr berücksichtigt worden. Doch inzwischen hat er sich durchgesetzt und als er nach dem World Cup Sieg Ende 2011 erneut sein Trikot auszog und in die Menge warf, präsentierte er auch sein frisches Tattoo das sich quer über seine Schulterblätter zieht: Flügel und das Wort „Persistance“ – sein Lebensmotto.

Zhang Jike musste erst viele Niederlagen einstecken – auch wegen seiner Persönlichkeit – einstecken, ehe er lernte. Mit 14 war er einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die Nationalmannschaft, flog dann aber raus. Auch hörte er einige Mal nicht auf seinen Coach während Matches. Hätte er sich nicht in den chinesischen Trials für die WM 2010 direkt qualifiziert, hätten ihm die Coaches keinen Platz gegeben (die Chinesen spielen die Teilnehmer für Wms in Trials aus).

Zhang hat sich aber durch seine bärenstarken Leistungen wieder in den ersten Kreis der Nationalmannschaft gespielt gehabt und ist dort nun nicht mehr wegzudenken. Mit 23 Jahren gewann er bei seiner Premiere gleich die WM. Dabei schoss er den weltbesten Abwehrer Joo See Hyuk von der Platte, besiegte den dreimaligen Weltmeister Wang Liqin, beendete die Titelträume Bolls in unfassbarer Manier im Halbfinale und besiegte schließlich den amtierenden Weltmeister, dem eigentlich nach seinem Titeltriumph 2009 eine lange Regentschaft im Tischtennis vorausgesagt wurde (aber dazu vielleicht ein andermal mehr). Auch wenn es einigen manchmal befremdlich vorkam – ich finde es super – feierte Zhang seine Triumphe immer einzigartig. Nicht bloß die obligatorische Faust und das Winken in die Menge. Nach dem Sieg gegen Wang Liqin zog er sich spontan den Schuh aus und küsste ihn (so recht warum wusste er auch nicht). Nach dem Sieg gegen Boll schlug er sich jubelnd mit der Faust auf die Brust und nun ja was nach dem Finale geschah, sagte ich bereits und kann man sich auch in unserem Jahresrückblick in bewegten Bildern ansehen. Großartig! Mit seinem extrovertierten Charakter ist Zhang quasi das Gegenstück zu Ma Long. Wenn man so will, bringt Zhang einen neuen „Coolness“-Faktor ins Tischtennis und das was man wohl Glamour nennen könnte.

Sein Spielstil ist dabei von einer unglaublichen Intelligenz geprägt. Er kann den Gegner laufen lassen, ihn aber jederzeit dominieren. Er kann von passiv auf aggressiv umschalten, wie es am besten passt. Und wenn er einmal seinen Rhythmus findet, gibt es wenige die ihn stoppen können, dann bleibt er nahezu fehlerfrei; was auch Boll bei der WM anerkannte. Er selbst sagt, dass er Powerplay liebt, aber von seinen Coaches auch zur Geduld gemahnt wurde.

Zhang war ein Rebell (und so nannte er sich auch selbst), hat aber gelernt. Persistance ist wahrscheinlich tatsächlich das beste Wort um ihn zu beschreiben. Cool passt aber auch!

Zhang Jike und seine Geschichte auf dem Weg zum WM-Titel super in Videoform erzählt:

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Ma Long und Zhang Jike sind zwei Persönlichkeiten die sicher Tischtennis in der nahen Zukunft prägen werden. Und glaubt mir Spiele zwischen den beiden sind immer ein absolutes Highlight. Ein Beispiel gefällig?

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Dabei will ich es heute bewenden lassen. Vielleicht hat es ja der eine oder die andere bis zum Ende geschafft. Ich hoffe es. Denn Tischtennis ist großartig!

Und hier der Test, ob dem tatsächlich so war: wir werden zum Osterturnier alle zu Michel Telos Ai se eu te pego tanzen.

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